Hallo an alle,
ich kann es kaum glauben, dass ich erst seit einer Woche in Bolivien bin. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Umso mehr freue ich mich, dass mein Blog jetzt fertig ist und ich euch von meinen ersten Eindrücken und Erfahrungen hier in Bolivien erzählen kann. Das schwierigste habe ich zum Glück schon hinter mir: Das Packen. Ich musste an so viel denken, aber gleichzeitig auch darauf achten, dass meine Koffer nicht zu schwer sind. Zu entscheiden, was ich doch lieber zu Hause lasse, war wirklich nicht einfach. Doch nach einigen Versuchen meinen Koffer zu schließen, hat es doch geklappt und es konnte losgehen. Zusammen mit meiner Mitfreiwilligen Sophia, Nadja und Anna ging es dann endlich am 25.08.19 am Münchener Flughafen los. Nadja und Anna sind auch zwei Freiwillige, die aber in einem anderen Projekt in der Großstadt Cochabamba arbeiten werden. Insgesamt waren wir fast 24 Stunden unterwegs. Von München sind wir nach Madrid geflogen und von Madrid aus nach Santa Cruz. In Santa Cruz hatten wir dann nur noch einen Inlandsflug vor uns und dann sind wir endlich an unserem vorübergehenden Ziel angekommen: Cochabamba. Cochabamba ist mit ungefähr 600.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Boliviens. Hier werden Sophia und ich unsere erste Zeit in Bolivien verbringen, bevor wir mit unserem Freiwilligendienst in Independencia beginnen können. Sinn dahinter ist, dass wir uns erstmal an die Höhe gewöhnen können und uns um unser Visum kümmern können. Untergebracht sind wir in Cadeca (Casa del Catequista). Es ist ein großes Gästehaus, das eigentlich für Weiterbildungskurse im kirchlichen Rahmen gedacht ist. Das Haus und das Gelände drum herum ist wirklich sehr schön. Es ist sehr grün und es gibt viele bunte Blumen. Ebenso gibt es einen riesigen Gemüsegarten. Dahinter kann man das große und sehr hohe Gebirge sehen, welches die ganze Stadt umgibt. Der Anblick ist wirklich sehr schön. Letzte Woche haben wir uns vor allem um unser Visum gekümmert. Zum Glück haben wir hier vor Ort eine sehr nette Mentorin, die uns dabei hilft von Behörde zu Behörde zu gehen, um die notwendigen Dokumente zu beantragen. Es ist wirklich sehr aufwendig. Wenn gerade kein Auto da ist, fahren wir mit dem Trufi in die Stadt. Trufis sind kleine Busse mit Nummern. Man muss nur am Straßenrand dem richtigen Trufi zu winken und schon kann man mitfahren. Trufi fahren macht echt Spaß. Doch wenn wir mit dem Auto unterwegs sind, finde ich es immer wieder erstaunlich wie viele Leute doch tatsächlich in so einem Geländewagen Platz haben. Sophia und ich müssen uns meistens den Beifahrersitz teilen, während auf der Rückbank mindestens vier weitere Personen sitzen. Hinten auf der Ladefläche haben wir auch schon Leute mitgenommen. Der Verkehr ist ein einziges Chaos. Die ganze Zeit wird gehupt, es wird von rechts und links überholt und die Ampeln werden nicht immer beachtet.
Neben den ganzen Dokumenten war auch ein medizinischer Check-up notwendig. Im Moment warten wir noch auf die Ergebnisse vom Arzt. Erst dann können wir mit unserem Visum weitermachen. Ich hoffe, dass wir den ganzen Papierkram bald hinter uns haben werden, damit wir endlich in unser Projekt fahren können. Ich freue mich schon riesig darauf, endlich nach Independencia zu gehen. Dort werden wir nämlich unseren Freiwilligendienst absolvieren. Independencia ist ein kleines Dorf in den Anden mit ca.  2000 Einwohnern. Das 200 km entfernte Dorf ist von Cochabamba aus mit dem Bus zu erreichen. Die Fahrt dauert ungefähr sieben Stunden. Sophia und ich werden dort im Sozialzentrum arbeiten. Im Sozialzentrum gibt es einen Kindergarten und eine Schule mit Internat. Im Internat leben vor allem die Kinder, die einen zu langen Schulweg hätten, um regelmäßig zur Schule zu gehen. Die Mädchen verlassen das Internat normalerweise mit 18 Jahren, während die Jungen schon mit 14 gehen müssen. Sophia und ich werden ebenfalls im Internat untergebracht sein. Ich hoffe, dass ich euch bald mehr zu unserem Projekt erzählen kann, doch jetzt heißt es erst einmal abwarten und hoffen, dass es mit dem Visum möglichst schnell gehen wird.
Auf knapp 2500 Metern Höhe spürt man doch ab und zu, dass der Sauerstoff knapp wird. Vor allem das Treppensteigen ist sehr anstrengend. Und spätestens nach dem Mittagessen sind wir alle todmüde. Doch nach einer Tasse Coca-Tee und einer ausgiebigen Siesta (wenn es die Zeit zulässt) stehen wir wieder fit auf den Beinen, um zur nächsten Behörde zu gehen.
Essen gibt es immer hier im Gästehaus Cadeca. Man kann sich wirklich nicht über das Essen beschweren, abwechslungsreich ist aber was anderes 😀 Es gibt eigentlich immer Kartoffeln, Reis oder Nudeln mit Gemüse und Fleisch. Vorspeise ist meistens eine kleine Suppe. Als Vegetarier wird man hier meistens etwas belächelt und dass wir alle vier nur sehr wenig Fleisch essen, war vor allem am Anfang Thema beim Essenstisch. Doch unsere sehr liebe und herzliche Köchin sorgt immer dafür, dass neben dem Fleisch auch gekochtes Ei für uns da ist. Gewöhnungsbedürftig hingegen ist das Trinken. Die Bolivianer schütten in jedes Getränk Unmengen an Zucker hinein. Deshalb bevorzugen wir es eher Wasser oder Tee zu trinken. Irritierend finde ich es auch, dass die Sonne so früh und vor allem so schnell untergeht. Spätestens um 18:30 Uhr ist es komplett dunkel.
Doch wir konnten auch schon mehr von Cochabamba sehen als nur irgendwelche Behörden von innen. An unserem zweiten Tag waren wir zum Beispiel zu einer Hausmesse von den Brüdern eingeladen, die hier vor Ort leben. Die Messe war sehr schön und danach gab es noch selbstgebackenes Brot und Tee. Am Freitagnachmittag hatten wir ein wenig Zeit, um die Stadt anzuschauen. Besonders beeindruckend war das Wahrzeichen der Stadt: El Christo. Der Christo ist eine riesige weiße Christusstatue auf einem Berg im Zentrum von Cochabamba. Er blickt auf die Stadt und soll die Einwohner „beschützen“. Oben angekommen konnten wir nicht nur die Statue bewundern, sondern hatten auch einen fantastischen Blick auf die Stadt. Oben auf dem Berg war es ziemlich windig, was aber eine schöne Abkühlung war. Denn in Cochabamba ist es tagsüber sehr heiß und die Sonne ist aufgrund der Höhe viel intensiver als gewohnt. Doch ausgerüstet mit Sonnenhut, Sonnenbrille und ganz viel Sonnencreme, habe ich bis jetzt zum Glück noch keinen Sonnenbrand bekommen. Im Gegensatz zum Tag, kühlt es in der Nacht sehr ab. Dann bin ich immer über unsere zwei dicken Decken, die wir hier in Cadeca haben, sehr froh.
Ich hoffe, dass wir bald nach Independencia fahren können und ich euch dann auch endlich genaueres über unser Projekt erzählen kann.
Also hoffentlich bis bald,
Amelie

P.S.: auf unserem Instagramaccount 365days_bolivia könnt ihr noch weitere Bilder sehen 🙂

 

Bick von Cadeca auf die Berge

 

El Christo

 

Cochabamba von oben

 

Die Seilbahn zum Christo